Wie intelligent m¨¹ssen unsere St?dte sein, damit wir sie klimafreundlich gestalten k?nnen? Wie gelingt der Umstieg auf Strom aus regenerativen Energien? Beim Pressegespr?ch anl?sslich der ?Wissenschaftswoche Intelligente Stadt¡° betonten Forschende der HFT Stuttgart: Die gro?e Transformation ¨C die Wende in den St?dten - wird nur gelingen, wenn B¨¹rgerinnen und B¨¹rger beteiligt werden.
?Eine intelligente Stadt ist nachhaltig und lebenswert f¨¹r die Menschen. Eine rein technische L?sung f¨¹hrt nicht zur intelligenten Stadt¡°, verdeutlichte Prof. Dr. Christina Simon-Philipp, Professorin f¨¹r Stadtplanung und St?dtebau an der HFT Stuttgart. Die Architektin sprach sich f¨¹r eine ganzheitliche Betrachtung aus, die technische, soziale, ?kologische und wirtschaftliche Aspekte integriert. ?Wir m¨¹ssen uns mehr Gedanken dar¨¹ber machen, wie wir Menschen miteinbeziehen und wie wir mit ihnen vor Ort gemeinsam L?sungen entwickeln.¡° Sie wies auf HFT-Stuttgart-Projekte hin, in denen mit den B¨¹rger:innen gemeinsam neue Formen der Mobilit?t und des Zusammenlebens gedacht und neue Konzepte ausprobiert werden. In sogenannten Reallaboren, zum Beispiel in der Innenstadt von Geislingen, in Zuffenhausen-Rot, in Stuttgart-Vaihingen und am Nordbahnhof in Stuttgart. F¨¹r die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Umgebung seien viele Innovationen n?tig ¨C aber auch neue Lebensweisen und ein anderer Umgang mit den Ressourcen."
?Das Thema Partizipation ist schon sehr lange in unserem Fokus¡°, erg?nzte Dr. Dirk Pietruschka, Institutsleiter des Zentrums f¨¹r Nachhaltige Energietechnik (zafh.net) an der HFT Stuttgart. ?Wir an der HFT Stuttgart haben verstanden, dass es kaum etwas bringt, Technologien zu entwickeln, die von den Menschen nicht akzeptiert werden, wenn sie Wohnen so verteuern, dass es nicht mehr bezahlbar ist.¡° Wie kann Wohnraum nachhaltig gebaut werden und bezahlbar bleiben? Als Beispiel nannte Pietruschka das Beispiel der Keltersiedlung in Stuttgart. Die Forschenden arbeiteten hier eng mit dem Bautr?ger, der Stuttgarter St?dte- und Wohnungsbaugenossenschaft SWSG zusammen. Ein von der HFT Stuttgart im Projekt ?iCity¡° entwickeltes digitales Tool diente hier als Entscheidungsgrundlage f¨¹r den Bau (die Forschungspartnerschaft iCity wird durch das Bundesministerium f¨¹r Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 10 Mio. € im Rahmen der F?rderma?nahme ?Starke Fachhochschulen ¨C Impuls f¨¹r die Region¡° (FH-Impuls) gef?rdert). Mit dem Tool Sim-Stadt k?nnen verschiedene Szenarien ¨C f¨¹r unterschiedlich gro?e Geldbeutel modelliert werden, um ein Quartier klimafreundlich zu entwickeln. Wichtig sei es, die lokalen Gegebenheiten zu ber¨¹cksichtigen, sagte Pietruschka. In der Keltersiedlung war dies etwa ein bestehender Abwasserkanal, dessen nat¨¹rlich verf¨¹gbares Wasser zum K¨¹hlen und Heizen verwendet werden kann. Dies k?nne dann mit anderen lokalen Energie-Systemen vernetzt werden, wie Fotovoltaik oder einem Blockheizkraftwerk. Der positive Effekt f¨¹r den Geldbeutel der Mieterinnen und Mieter: Dieser so effizient erzeugte Strom k?nne zu deutlich g¨¹nstigeren Konditionen an sie verkauft werden und reduziere die Nebenkosten.
200 000 Autos fahren jeden Tag in den Stuttgarter Kessel hinein, die im Schnitt nur mit 1,2 Personen besetzt sind, erl?uterte Prof. Dr. Lutz Gaspers, Prorektor Studium und Lehre, Leitung Kompetenzzentrum Mobilit?t und Verkehr (MoVe). Ein intelligenter Ansatz w¨¹rde zwar den Besetzungsgrad der Fahrzeuge erh?hen, um die Anzahl der Fahrzeuge zu halbieren. Dies sei aber nicht so einfach, weil viele Leute im Umland wohnten und nach Stuttgart zur Arbeit pendeln. ?Die Menschen fahren nach Stuttgart mit den PKWs, weil sie oft keine Alternative haben¡°, betonte Gaspers. Es sei nicht zumutbar, dass Menschen mit dem Fahrrad oder mit dem Elektro-Roller 40 Kilometer nach Stuttgart fahren. In der Innenstadt m¨¹ssten jedoch effizientere Verkehrsmittel als Pkws gef?rdert werden. Eine Wegekette, die mit dem Auto im Umland beginnt, sei schwieriger aufzubrechen. Die Herausforderung sei, Verkehrsmittel dort einsetzen, wo sie einen Vorteil bringen Hier m¨¹sse es akzeptable L?sungen f¨¹r den Umstieg geben, die von den Menschen auch gewollt werden. Um die CO2-Emissionen zu reduzieren, werde es darum gehen, Verbrennungsmotoren durch Elektromobilit?t zu ersetzen, aber auch neue Mobilit?tskonzepte zu integrieren durch Car-Sharing-Modelle, E-Bike-Nutzung und bessere ?berg?nge bzw. Anschl¨¹sse zum ?ffentlichen Nahverkehr zu schaffen.
Partizipation spielt auch im Bereich der Digitalisierung eine gro?e Rolle ¨C speziell im Bereich der Geoinformatik an der HFT Stuttgart, die 3D-Stadtmodelle untersucht. Dabei handelt es sich um so genannte digitale Stadtzwillinge. Dies sind Online-Plattformen, die die bebaute Umgebung einer Stadt digital repr?sentieren. Eine F¨¹lle von Daten kann hier hinterlegt werden, die auch relevant sind f¨¹r B¨¹ger:innen ¨C wie Verkehrs- oder L?rmbelastung. ?Je mehr Informationen wir B¨¹rgerinnen und B¨¹rgern zur Verf¨¹gung stellen k?nnen, desto informierter und zielgerichteter k?nnen sie mitentscheiden¡°, betonte der Geoinformatiker Prof. Dr. Volker Coors, Direktor des Instituts f¨¹r angewandte Forschung (IAF) an der HFT Stuttgart. Als Beispiel f¨¹hrte er Messungen zur Luftqualit?t an, die von B¨¹rgerinnen und B¨¹rger selbst durchgef¨¹hrt wurden. So entwickelte dieses Citizen-Science-Netzwerk einen preisg¨¹nstigen Sensor f¨¹r den Eigenbau, mit dem jeder Anwohner:in Daten zum Feinstaub erheben, messen und beobachten kann. Dieser Sensor werde inzwischen weltweit eingesetzt. Als weiteres Beispiel nannte Geoinformatiker Coors die Zusammenarbeit mit der Stadt Stuttgart ¨C im Ortsteil Weilimdorf ¨C im Bereich der st?dtischen Beteiligungsverfahren zur Stadtentwicklung. Dort stellten die Forschenden den B¨¹rger:innen eine Online-3-D-Partizipationsplattform zur Verf¨¹gung, in der zahlreiche Informationen interaktiv und visuell hinterlegt wurden. Da im Zuge der rechtlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren w?hrend der Corona-Pandemie B¨¹rger:innen keine Informationsveranstaltungen besuchen konnten, hatten sie die M?glichkeit, sich ¨¹ber das Planungsverfahren per Mausklick zu Hause auf dem Sofa zu informieren.?
Die CO2-Emissionen k?nnen nur reduziert werden, wenn auch Wirtschaft und Industrie umdenken.? Mit einer erh?hten Energieeffizienz an Industriestandorten sind langfristig auch Kosteneinsparungen von 30 bis 40 Prozent zu erzielen, erl?uterte Dirk Pietruschka. Er verwies auf ein Praxisprojekt mit dem Bosch-Standort in Schwieberdingen. Hunderte andere Unternehmen in Deutschland verf¨¹gten ¨¹ber solche gro?en Liegenschaften, die wie eine kleine Stadt funktionierten, mit eigener Strom-, Energie, K?lte- und W?rmeerzeugung. Die Herausforderung insgesamt sei es, an Systeme so miteinander zu vernetzen, dass sie zusammenspielen und Synergien entstehen. Der Schl¨¹ssel zur C02-Neutralit?t sei hier auch ein automatisiertes intelligentes Datenmanagement.
Stadtplanerin Simon-Philipp sagte abschlie?end: ?Wir brauen ein neues Narrativ, dass eine nachhaltige Stadt keine Einbu?en f¨¹r die B¨¹rgerinnen und B¨¹rger bringt, sondern mehr Lebensqualit?t. Statt des Bilds eines Verzichts w¨¹nsche sie sich ein positives Zukunftsbild einer resilienten, nachhaltigen und lebenswerten Stadt. Die Forschenden an der HFT Stuttgart k?nnen hierzu viele Ideen einbringen und Impulse setzen. ?Wir brauchen letztlich auch politischen Mut, und der fehlt¡°, sagte sie.
Es moderierte Andreas Eicher, Wissenschaftskommunikation M4_LAB.